Studie belegt: Bürokratische Hindernisse schuld an Obdachlosigkeit

Ein Obdachloser sitzt auf einer Treppe und schläft.
Obdachloser auf einer Treppe
[Fotograf: Georg Pahl, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de]

 

Robert Züblin – 10.06.2019, 23:59 Uhr

Wissenschaftler räumen mit dem Mythos auf, dass viele Obdachlose Wohnungsangebote ablehnen, weil sie lieber auf der Straße leben würden.

Bürokratische Hürden bereiten Probleme

Im Rahmen einer Studie der Silver School of Social Work der New York University (NYU) wurden 43 Obdachlose im New Yorker Bezirk Manhattan befragt; unter anderem zu den Hürden beim Auffinden einer Wohnung. Dabei sei herausgekommen, dass die Behauptung nicht zuträfe, die Obdachlosen würden Hilfe bei der Wohnungssuche ablehnen.

Die Studienleiterin, Professorin Dr. Deborah Padgett, sagt: „Unsere Forschung zeigt, dass Menschen, die wirklich eine dauerhafte Unterkunft angeboten bekommen, diese ohne zu zögern annehmen würden. Die Anziehungskraft des Lebens auf der Straße ist ein Mythos.“

Anders hört sich das in einem Tweet des Bürgermeisters von New York, Bill de Blasio, an, den er im Januar 2018 auf Twitter gepostet hatte: „Es können Dutzende oder mehr Kontakte nötig sein, um obdachlose New Yorker davon zu überzeugen, nicht mehr auf der Straße zu leben.“

Stattdessen seien bürokratische Hürden oftmals das Problem, warum Obdachlose keine Wohnung erhalten würden. Professorin Dr. Padgett erklärt, dass das Verfahren, das Obdachlose durchlaufen müssen, um dauerhaften Zugang zu Wohnungen zu erhalten, langwierig und umständlich sei.

Es gibt gar nicht genug Wohnungen

Die Berechtigung für eine Wohnung hinge unter anderem davon ab, dass man von den Außendienstmitarbeitern mehrfach am gleichen Ort gesehen werde, wie es auf der Website der Hilfsorganisation Human.nyc geschrieben steht. Außerdem müsse man mindestens neun Monate lang auf der Straße gelebt haben.

Verzögerungen könne auch das Zusammentragen der erforderlichen Unterlagen verursachen. Insbesondere das Erlangen der Geburtsurkunde sei für Personen schwierig, die außerhalb des Bundesstaates New York geboren worden seien.

Selbst wenn eine Person als förderfähig eingestuft werde, könne die Suche nach einer Wohnung Monate oder sogar Jahre dauern, wie es auf der Website der NYU heißt. Der Grund: Es mangele an verfügbarem Wohnraum, da es auf dem Markt eine höhere Nachfrage gebe, als Angebote vorhanden seien.

„In dem Prozess, bei dem man sich bemüht, eine sichere, dauerhafte Unterkunft zu gewährleisten, gibt es am Ende des Tunnels kaum Licht und wenig, was durch Zusammenarbeit gewonnen werden kann, wenn die Ergebnisse so enttäuschend sind. In diesem Zusammenhang sind Obdachlose nicht ‚resistent gegen Hilfsangebote‘; sie sind rationale Akteure, die nur allzu vertraut mit nicht eingehaltenen Versprechungen sind“, sagte Padgett.

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