Meeresspiegelanstieg durch künstliche Beschneiung verhindern?

Gigantischer Riss im Pine Island Gletscher
Riss in Gletscher
[Foto: NASA]

 

Robert Züblin – 17.07.2019, 23:59 Uhr

Forscher haben in einer Simulation festgestellt, dass eine künstliche Beschneiung den Eiskollaps in der Westantarktis verhindern könnte.

Drei Meter höherer Meeresspiegel

Da der Westantarktische Eisschild ins Meer zu rutschen droht, haben sich Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Gedanken darüber gemacht, wie man diesen Prozess verhindern kann. Denn sollte nichts unternommen werden, könnte es durch den Eiskollaps im Laufe der nächsten Jahrhunderte zu einem weltweiten Meeresspiegelanstieg von über drei Metern kommen, was eine ernsthafte Gefahr unter anderem für Metropolen wie Kalkutta, New York City, Shanghai und Tokio bedeuten würde.

Die Lösung der Wissenschaftler zur Stabilisierung des Eisschildes: künstliche Beschneiung. „Tatsächlich stellen wir fest, dass eine riesige Menge Schnee den Eisschild wirklich in Richtung Stabilität zurückdrücken und die Instabilität stoppen kann. Umgesetzt werden könnte dies durch eine enorme Umverteilung von Wassermassen – mehrere hundert Milliarden Tonnen Wasser müssten pro Jahr aus dem Ozean gepumpt und über einige Jahrzehnte hinweg auf das Eis geschneit werden“, sagt der an dem Forschungsprojekt beteiligte Wissenschaftler Johannes Feldmann vom PIK.

Unberührte Natur opfern?

Um den künstlichen Schnee zu erzeugen, sei allein für die Förderung des Meereswassers der Strom von 12.000 Windturbinen nötig. Neben dem enormen Stromverbrauch besteht eines der Hauptprobleme der künstlichen Beschneiung darin, dass der in Rede stehende Teil der Westantarktis zu den letzten unberührten Gebieten auf der Erde gehört.

„Im Kern geht es um die Abwägung, ob wir als Menschheit die Antarktis opfern wollen, um die heute bewohnten Küstenregionen und das dort entstandene und entstehende Kulturerbe zu retten. Hier geht es um globale Metropolen, von New York über Shanghai bis nach Hamburg, die langfristig unterhalb des Meeresspiegels liegen werden, wenn wir nichts tun“, sagt der ebenfalls an dem Forschungsprojekt beteiligte Wissenschaftler Anders Levermann vom PIK und der Columbia University in New York. „Der Westantarktische Eisschild ist das erste Kippelement in unserem Klimasystem, das wir gerade kippen sehen. Der Eisverlust beschleunigt sich und hört wahrscheinlich erst auf, wenn das Eisschild der Westantarktis praktisch schon verschwunden ist.“

Die Studie zur künstlichen Beschneiung der Antarktis wurde in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.

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