Julian Assange (WikiLeaks) könnte laut UN-Experten für Folter sterben

Arrestzelle
Arrestzelle in einem Gefängnis
[Fotograf: Bernd Settnik, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de]
Robert Züblin – 05.11.2019, 16:49 Uhr

Der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, hat davor gewarnt, dass WikiLeaks-Gründer Julian Assange sterben könnte, wenn das Vereinigte Königreich nicht bald aufhört, den Gefangenen Willkür und Missbrauch auszusetzen.

Doppelmoral im Fall Julian Assange

Seit der Verhaftung von Julian Assange zu Beginn des Jahres 2019 habe sich der Gesundheitszustand des WikiLeaks-Gründers so weit verschlechtert, dass er mittlerweile in Lebensgefahr schwebe, wie der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, berichtet.

Am 11. April 2019 sei Julian Assange in ein britisches Hochsicherheitsgefängnis verbracht worden. Dort würde er im Zusammenhang mit einem Auslieferungsersuchen der USA festgehalten. In den USA wurde Assange mittlerweile wegen Verschwörung und Spionage angeklagt.

„Während die US-Regierung Herrn Assange wegen der Veröffentlichung von Informationen über schwere Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter und Mord, strafrechtlich verfolgt, genießen die für diese Verbrechen Verantwortlichen weiterhin Straffreiheit“, beschreibt Melzer die Doppelmoral, die er im Vorgehen gegen Julian Assange sieht.

Alle Symptome psychologischer Folter

Im Mai 2019 hatte der UN-Sonderberichterstatter zusammen mit seinem medizinischen Team den inhaftierten WikiLeaks-Gründer besucht. Dabei hätte die UN-Delegation festgestellt, dass sich bei Julian Assange „alle typischen Symptome für eine längere Einwirkung von psychologischer Folter“ zeigen würden. Melzer hatte damals Sofortmaßnahmen gefordert, um die Gesundheit und die Würde von Assange zu schützen.

„Was wir jedoch von der britischen Regierung gesehen haben, ist eine völlige Missachtung der Rechte und der Integrität von Herrn Assange“, sagt Melzer. „Trotz der medizinischen Dringlichkeit meiner Beschwerde und der Schwere der behaupteten Verstöße hat das Vereinigte Königreich nicht die völkerrechtlich vorgeschriebenen Maßnahmen der Untersuchung, Prävention und Wiedergutmachung ergriffen.“

Das Übereinkommen gegen Folter schreibe vor, dass Staaten unverzüglich Ermittlungen einleiten müssten, wenn anzunehmen sei, dass eine Folterung begangen worden sei. „In einer oberflächlichen Antwort, die fast fünf Monate nach meinem Besuch verschickt wurde, wies die britische Regierung meine Feststellungen entschieden zurück, ohne die Bereitschaft zu bekunden, meine Empfehlungen zu berücksichtigen, geschweige denn sie umzusetzen oder gar die gewünschten zusätzlichen Informationen bereitzustellen“, sagt der UN-Experte.

Assange würde weiterhin unter bedrückenden Bedingungen festgehalten – in Form von Isolation und Überwachung. Die Art der Inhaftierung sei durch seinen Haftstatus nicht gerechtfertigt. Julian Assange würde ausschließlich wegen des anhängigen Auslieferungsersuchens der USA festgehalten.

„Trotz der Komplexität des von der mächtigsten Regierung der Welt geführten Verfahrens gegen ihn wurde Assanges Zugang zu Rechtsbeistand und Dokumenten erheblich behindert und damit sein grundlegendes Recht auf Vorbereitung seiner Verteidigung praktisch untergraben“, sagt Melzer.

UN fordert Freilassung von Julian Assange

„Meiner Meinung nach ging es in diesem Fall nie um die Schuld oder Unschuld von Herrn Assange, sondern darum, ihn den Preis dafür zahlen zu lassen, dass er schwerwiegendes staatliches Fehlverhalten aufgedeckt hat, einschließlich mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Korruption. Wenn das Vereinigte Königreich nicht umgehend den Kurs ändert und seine unmenschlichen Lebensumstände entschärft, könnte Herrn Assanges anhaltende Belastung durch Willkür und Missbrauch bald sein Leben kosten“, so die Warnung des Sonderberichterstatters.

Der UN-Folter-Experte fordere die britische Regierung auf, Herrn Assange nicht an die Vereinigten Staaten auszuliefern. Außerdem solle Julian Assange unverzüglich freigelassen werden. Es solle ihm unter anderem ermöglicht werden, seine Gesundheit wiederzuerlangen.

Weder die Justiz noch die Regierung des Vereinigten Königreiches haben bisher auf die Bitte von „tal-mi-or“ um Stellungnahme in Bezug auf die Vorwürfe und Forderungen des UN-Sonderberichterstatters über Folter reagiert.

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