Robert Züblin – 26.10.2019, 14:55 Uhr |
Die Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch habe nach eigenen Angaben chemische Verbindungen, die aus Mineralöl stammten, in Milchpulver für Babys gefunden.
Babymilchpulver-Test: Nestlé und Novalac
Die Verbraucherschützer von Foodwatch hätten verschiedene in Weißblechdosen abgepackte Baby-Milchpulver auf Mineralöl-Verunreinigungen getestet. In Deutschland wurden vier Ersatzmilch-Produkte für Babys untersucht, unter anderem auf das Vorhandensein von aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH), bei denen ein „krebserzeugendes Potential“ nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) nicht ausgeschlossen werden könne.
In den folgenden Ersatzmilch-Produkten für Babys hätten laut Foodwatch im Rahmen von Labortests MOAH gefunden werden können:
- Nestlé Beba Optipro Pre, 800 g, von Geburt an ( Chargennummer: 91120346AA, Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020): Die Belastung mit MOAH betrage hier nach Angaben von Foodwatch 3,0 mg/kg.
- Nestlé Beba Optipro 1, 800 g, von Geburt an ( Chargennummer: 9098080621, Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020): Hier betrage die Belastung mit MOAH nach Angaben von Foodwatch 1,9 mg/kg.
- Novalac Säuglingsmilchnahrung Pre, 400g, ( Chargennummer: A5952275, Mindesthaltbarkeitsdatum: 11.03.2020): Hier läge die Belastung mit MOAH nach Angaben von Foodwatch bei 0,5 mg/kg.
Bei dem vierten untersuchten Baby-Milchpulver, das im Handel in Deutschland erhältlich sei, der Folgemilch Nestlé Beba Optipro 3, 800 g, ab dem 10. Monat (Chargennummer: 9108080626, Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020), hätten keine MOAH nachgewiesen werden können.
Öko-Test berichtete bereits über Mineralöl
Erst im Mai 2019 hatte Öko-Test von mineralölartigen Stoffen berichtet, die in fast allen Milchpulvern gefunden worden seien, die das Verbrauchermagazin getestet habe. Auch in dem Babynahrungs-Test von Öko-Test seien in dem Produkt Nestlé Beba Optipro Pre MOAH gefunden worden.
Nestlé hatte auf seiner Webseite eine Stellungnahme zu den damals von Öko-Test behaupteten Funden veröffentlicht: „BEBA OPTIPRO Pre ist sicher und enthält kein Mineralöl. Das bestätigen Untersuchungen der unabhängigen renommierten Institute Fraunhofer-Institut und SQTS. Daher können wir die Ergebnisse von Öko-Test nicht nachvollziehen.“
Diese Stellungnahme ist nicht mehr unter ihrer ursprünglichen Internetadresse (URL) zu finden. Stattdessen wird man unter jener URL auf die aktuelle Stellungnahme zu den angeblichen Foodwatch-Funden weitergeleitet. Die Webseite mit der Stellungnahme zu den von Öko-Test behaupteten Funden mineralölartiger Stoffe findet sich aber noch im Internet-Archiv.
Nestlé hatte damals auch Folgendes gesagt: „Unsere Säuglingsnahrung kommt mit keinen Substanzen in Berührung, die als Quelle für eine Mineralölverunreinigung infrage kommen könnten.“ Und ergänzte: „Bei der Substanz, die das von Öko-Test beauftragte Labor als Mineralöl identifiziert hat, handelt es sich wahrscheinlich um natürliche Stoffe, die in Pflanzenöl vorkommen (z. B. Carotinoide).“
Auch in der aktuellen Stellungnahme zu den von Foodwatch behaupteten MOHA-Funden bestreitet Nestlé jegliches Sicherheits-Risiko durch seine in Frage stehenden Baby-Milchpulver-Produkte, wenn es auf der Firmen-Webseite heißt:
„Wir möchten allen Müttern und Vätern versichern, dass die Babys weiterhin sicher mit unserer Säuglingsnahrung gefüttert werden können. Beba Optipro Pre und Beba Optipro 1 erfüllen alle lebensmittelrechtlichen Vorschriften in Deutschland und der EU.
Wir haben auch im Herstellungsprozess unserer Dosen sichergestellt, dass diese für die Aufbewahrung von Babymilchpulver sicher sind. Auch Mineralöle können nicht in das Produkt eindringen, da die Blechdose eine Verpackung ist, die unsere Säuglingsnahrung optimal vor äußeren Einflüssen schützt.“
Von Seiten der Firma Vived GmbH, die das von Foodwatch getestete Milchpulver des Herstellers Novalac vertreibt, heißt es:
„Wir nehmen die Testergebnisse sehr ernst und haben mit dem Hersteller entsprechende Untersuchungen eingeleitet. Inwieweit die Vorwürfe nachvollziehbar sind, können wir zurzeit noch nicht beantworten. Die detaillierten Analyseergebnisse von Foodwatch liegen weder uns noch dem Hersteller vor.
Für unser Unternehmen und für Laboratoires Novalac hat die Qualität unserer Produkte und die Sicherheit der Verbraucher allerhöchste Priorität.
Sobald uns die Stellungnahme des Herstellers vorliegt, werden wir diese veröffentlichen und gegebenenfalls weiterführende Maßnahmen einleiten.“
Grenzwerte für MOAH
Einen gesetzlich verankerten Grenzwert für MOAH gibt es zwar aktuell nicht. Zur Frage, welche Grenzwerte für den Übergang der MOAH aus Verpackungen auf Lebensmittel gelten sollten, tendiert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) jedoch Richtung Null-Toleranz:
„Toxikologische Daten zur Bewertung und zur Ableitung von Grenzwerten für MOAH stehen nicht zur Verfügung. Die Auffassung des BfR, dass ein mögliches krebserzeugendes Potenzial der aus recycelten Kartons übergehenden aromatischen Kohlenwasserstofffraktion nicht ausgeschlossen werden kann, wurde durch ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit aus dem Jahr 2012 bestätigt (EFSA 2012). Deshalb sollte kein nachweisbarer Übergang von MOAH aus Verpackungen auf Lebensmittel stattfinden.“
Ursache für Mineralöl in Baby-Milchpulver
Foodwatch sieht eine mögliche Quelle für die MOAH-Verunreinigungen in den Weißblechdosen, die für die Verpackung der Baby-Milchpulver verwendet würden:
„So könnten bei der Produktion der Weißblechdosen z.B. so genannte Walzöle verwendet worden sein, die womöglich nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Diese werden aufgesprüht, um die Walzen, zwischen denen die Bleche dünn ausgerollt werden, zu kühlen und zu schmieren. Wenn die Bleche bzw. die fertigen Blechdosen nicht ausreichend gereinigt wurden, können Mineralölbestandteile aus den Walzölen von der Innenseite der Dosen auf die Milchpulver übergegangen sein. Eine gesicherte Erkenntnis über die Quelle der Verunreinigung liegt foodwatch jedoch nicht vor.“
Das Verbrauchermagazin Öko-Test schreibt dazu, es habe bei seinem damaligen Babynahrungs-Test die Erklärung von Nestlé erhalten, dass „bei der Verarbeitung der Milchpulverdosen nur Öle verwendet würden, die gemäß der europäischen Norm EN10202 spezifisch für den Lebensmittelkontakt geeignet seien. Nestlé schloß eine Verunreinigung des getesteten Produktes durch die Verpackung daher aus.“
Weder Nestlé noch die Vived GmbH als Vertreiber des getesteten Novalac-Milchpulvers beantworteten bisher gegenüber tal-mi-or die Frage nach der Ursache für die vermeintlichen Funde von Mineralöl-Bestandteilen in den betreffenden Baby-Milchpulvern.
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