Drohne-Flugzeug-Kollision: Crash-Test zeigt enormes Risiko

12.10.2018, 13:07 Uhr
 

Nach dem Zusammenstoß einer Drohne mit einem Flugzeug klafft im Flugzeugflügel ein großes Loch.

Wenn eine Drohne mit einem Flugzeug kollidiert entsteht ein großes Loch im Flugzeugflügel nach dem Zusammenstoss.

Flugzeugflügel nach Zusammenstoss mit Drohne
[Foto: © 2018 University of Dayton Research Institute]

Das Ausmaß der Beschädigung nach der Kollision einer Hobby-Drohne mit einem Flugzeug haben Wissenschaftler der Universität Dayton in einem Crash-Test nachgewiesen. Es ist das erste mal, dass ein solcher Zusammenstoß einer Drohne mit echten Flugzeugteilen durchgeführt wurde.

 
Bei einem Crash-Test wird ein Zusammenstoß unter realistischen Umständen verursacht. Bekannt sind solche Tests aus der Automobil-Branche, wo Autos mit sogenannten Dummys (Attrappen) – lebensgroßen Puppen – gegen Wände gefahren werden, um herauszufinden, welche Schäden insbesondere der Fahrer erleiden würde.
 

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Drohnen gefährlicher als Vögel

In dem Experiment an der Universität Dayton wurde ein Zusammenstoss einer Hobby-Drohne mit einem Flugzeug bei einer Geschwindigkeit von 383 km/h verursacht. Es ist schon lange bekannt, dass Vögel eine große Gefahr für den Flugverkehr sind. Amateur-Drohnen haben eine ähnliche Größe. Angesichts der sich häufenden Zwischenfälle mit Drohnen war es also höchste Zeit zu überprüfen, was im Fall eines Drohnen-Crashes mit einem Flugzeug geschieht.

Nach dem Beschuss des Flugzeugflügels mit der Drohne wurde zum Vergleich eine Vogel-Attrappe aus Gel auf einen anderen Abschnitt des Flügels gefeuert. Dabei stellte sich heraus, dass der Vogel zwar die Vorderkante des Flügels stärker beschädigt, die Drohne jedoch tiefer in den Flügel eindringt sowie zusätzlich den Hauptholm beschädigt und damit das wichtigste Bauteil eines Flugzeuges. Der Hauptholm ist eine Art Balken, der sich durch den Flügel zieht. Als tragendes Bauteil muss er allen Kräften trotzen, die auf das Flugzeug in der Luft einwirken.

Für den Zusammenstoß wurde ein DJI Phantom 2 Quadcopter eingesetzt, der circa ein Kilogramm schwer ist. Der Flugzeugflügel aus Aluminium stammt von dem vier-sitzigen Leichtbau-Propellerflugzeug Mooney M20. Der Crash-Test fülle eine Lücke, da bislang kaum Daten über Kollisionen von Drohnen mit Flugzeugen vorliegen würden, sagt Kevin Poormon, Gruppenleiter für Stoßwirkungs-Physik am University of Dayton Research Institute.

 

Drohnen sollten zerbrechlicher sein

Würde man die Tests auf Windschutzscheiben und Triebwerke ausweiten und dabei ähnliche oder größere Drohnen verwenden, könnte man herausfinden, wie katastrophal diese ebenfalls denkbaren Kollisionen wären, ergänzt Poormon und hofft, dass die jetzigen Ergebnisse Anlass geben, die Handhabung von Drohnen weiter zu regulieren. Man könnte auch daran denken, Drohnen so zu bauen, dass sie weniger Schaden anrichten; zum Beispiel durch zerbrechlichere oder leichtere Strukturen.

Die Entwicklung geht aber in eine andere Richtung. Denn Paketzusteller arbeiten an Konzepten, Waren per Drohne zuzustellen. Dazu wären aber größere Drohnen nötig als die hier getestete. Außerdem würde noch das Paketgewicht hinzukommen, was zusammen mit der Drohne die Gewichtsklasse von Gänsen erreicht, die nach Poormons Erfahrungen erhebliche Schäden beim Zusammenstoß mit Flugzeugen anrichten.

Man dürfe auch nicht vergessen, dass der Crash-Test bei relativ geringer Geschwindigkeit durchgeführt wurde. Eine höhere Geschwindigkeit – wie etwa bei einem Düsenjet – würde viel größere Schäden verursachen, bis zur Beschädigung der Treibstofftanks, sagte Poormon gegenüber der Fachpublikation Aviation International News.

 
Update vom 25.10.2018, 16:24 Uhr:
 
 

In einem offenen Brief vom 19. Oktober 2018 hat der Drohnenhersteller DJI vom Forschungsleiter Kevin Poormon verlangt, das Crashtest-Video „Risk in the Sky“ aus dem Internet zu entfernen. Der Vertreter von DJI wirft den Forschern der Dayton Universität unter anderem vor, dass sie fälschlicherweise behaupten würden, von der verwendeten DJI-Drohne ginge eine Gefahr aus. Das für den Test entwickelte Kollisions-Szenario zwischen der Drohne und dem Flugzeug sei in Wirklichkeit nicht vorstellbar.

Zum einen könnte die Geschwindigkeit von 383 km/h im Crash-Test nur erreicht werden, wenn das Flugzeug mit seiner Höchstgeschwindigkeit von rund 321 km/h in einer Höhe von mehr als 1600 Metern geflogen wäre und die Drohne schneller als seine Höchstgeschwindigkeit von rund 53,91 km/h.

In Höhen, in denen solche Zusammenstöße typischerweise denkbar wären, würde die Geschwindigkeit nur halb so hoch sein und die Aufprallenergie weniger als ein Viertel der im Test erzeugten Energie betragen.

Außerdem habe der Drohnen-Test nicht den Crashtestparametern entsprochen, die die US-Luftfahrtbehörde (FAA) bei Kollisionen von Flugzeugen mit Vögeln vorschreiben würde, wonach solche Tests auf Meeresspiegel-Höhe und damit bei niedrigeren Geschwindigkeiten durchgeführt werden müssten.

Darauf entgegnete die Universität Dayton, dass es für Zusammenstöße zwischen Flugzeugen und Drohnen derzeit keine Crashtestparameter der US-Luftfahrtbehörde gäbe.

Außerdem habe es sich bei dem Crash-Test um eine Vergleichsstudie gehandelt, bei der ein Vogelschlag mit einem Drohnenschlag in Bezug auf einen Flugzeugflügel verglichen wurde. „Die Drohne und der Gelvogel waren gleich schwer und wurden mit einem Tempo gestartet, das so ausgelegt war, dass es die relative kombinierte Geschwindigkeit einer Drohne widerspiegelt, die sich auf ein Verkehrsflugzeug zubewegt, das sich mit hoher Annäherungsgeschwindigkeit bewegt“, so das Statement der Universität Dayton.

Für die Zukunft plane man, zusätzliche Tests mit Drohnen unterschiedlicher Gewichtsklassen und verschiedener Ziel-Strukturen durchzuführen.