Robert Züblin – 10.08.2019, 11:29 Uhr |
Wissenschaftler haben eine neue Theorie, warum Katzen Gras essen – nicht um zu erbrechen, sondern um das Darmsystem von Parasiten zu reinigen.
Nur 11 Prozent fressen nie Pflanzen
Es kursieren verschiedene Erklärungen, warum Katzen Gras essen. Eine lautet, dass die Katzen gezielt Pflanzen fressen, wenn sie sich schlecht fühlen. Das Ziel: Durch den Grasverzehr würden die Katzen ein Erbrechen erzwingen, um sich danach besser zu fühlen.
Teilweise wird auch behauptet, der Katze würde das Gras beim Herauswürgen der Haarballen helfen, die sich durch das Abschlecken des eigenen Fells im Verdauungstrakt ansammeln.
Forscher sind der Sache nun näher auf den Grund gegangen. Im Rahmen einer Online-Befragung haben sie von Katzenbesitzern erfahren, wie häufig deren Stubentiger Pflanzen fressen.
Dabei sei herausgekommen, dass 71 Prozent der Katzen mindestens sechsmal dabei beobachtet worden seien, wie sie Gras aßen. 61 Prozent der Katzen hätten sogar über zehnmal Gras gegessen, und nur 11 Prozent hätten nie Pflanzen gefressen – zumindest sei das bei diesen Tieren nicht beobachtet worden.
Im Falle der Katzen, die mindestens zehnmal Pflanzen gefressen hätten, würde bei 67 Prozent geschätzt, dass sie täglich oder wöchentlich Pflanzen äßen.
91 Prozent der Befragten hätten zudem angegeben, dass ihre Katze vor dem Verzehr der Pflanzen fast immer normal ausgesehen habe – also keine Anzeichen von Krankheit gezeigt habe. Nur 27 Prozent hätten gesagt, dass sich ihre Katze nach der Pflanzennahrung übergeben musste.
Die Studie entkräftet also die These, dass Katzen Gras essen, weil sie sich krank fühlen und deswegen ein Erbrechen erzwingen möchten. Auch für die Behauptung, dass Jungtiere das Pflanzenfressen von den älteren Tieren lernen, hätten die Forscher keine Indizien gefunden.
Katzen fressen Gras instinktiv
Die Forscher erklären sich das Essen von Gras durch Katzen anders. Sie gehen davon aus, dass die Katzen dieses Verhalten von ihren wilden Vorfahren geerbt haben. Diese Theorie würde dadurch gestützt, dass man unverdauliches Gras und weitere Pflanzenteile im Kot von wilden Fleischfressern gefunden hätte.
„Studien an Affen zeigen, dass nicht verdauliche Pflanzen das Darmsystem von helminthischen Parasiten reinigen. Da praktisch alle wilden Fleischfresser eine Darmparasitenbelastung aufweisen, hätte der regelmäßige, instinktive Pflanzenverzehr eine adaptive Rolle bei der Aufrechterhaltung einer tolerierbaren Darmparasitenbelastung, unabhängig davon, ob das Tier die Parasiten wahrnimmt oder nicht“, sagen die Forscher, die ihre Forschungsergebnisse im Rahmen des Kongresses ISAE 2019 der International Society for Applied Ethology (Internationale Gesellschaft für angewandte Verhaltensforschung) präsentieren.