UN-Experte: Julian Assange-Verurteilung Todesurteil für Pressefreiheit

Arrestzelle
Arrestzelle
[Fotograf: Bernd Settnik, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de]
Robert Züblin – 03.02.2020, 23:59 Uhr

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter warnt, dass die Verurteilung von WikiLeaks-Gründer Julian Assange ein Todesurteil für die Pressefreiheit wäre.

„Todesurteil für die Pressefreiheit“

In einem Interview mit dem UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, das das Online-Magazin „Republik“ mit diesem geführt hat, sagt Melzer: „Wenn Julian Assange verurteilt wird, dann ist das ein Todesurteil für die Pressefreiheit. […] [W]enn investigativer Journalismus einmal als Spionage eingestuft wird und überall auf der Welt verfolgt werden kann, folgen Zensur und Tyrannei. Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System. Kriegsverbrechen und Folter werden nicht verfolgt.“

In dem Interview hinterfragt Melzer unter anderem das Vorgehen der schwedischen Behörden im Fall Julian Assange. Assange hätte sich nicht geweigert, mit diesen zu kooperieren, um zu den gegen ihn erhobenen Vergewaltigungsvorwürfen Stellung zu nehmen.

Erst nach neun Jahren sei das Verfahren der schwedischen Justiz gegen Assange im November 2019 aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. Kurz zuvor sei ein Schreiben veröffentlicht worden, das der UN- Sonderberichterstatter der schwedischen Regierung bereits im September 2019 geschickt hatte. Das Schreiben enthält circa 50 Punkte zur Frage, wie das Vorgehen in dem schwedischen Verfahren gegenüber Julian Assange mit den Menschenrechten vereinbar sei.

– Anzeige –

 

Europarat fordert Freilassung von Assange

Bereits im Jahr 2019 hatte Melzer gewarnt, dass Julian Assange im Gefängnis sterben könnte, wenn er weiterhin Willkür und Missbrauch ausgesetzt werde. Es sei in dem Fall nie um die Schuld oder die Unschuld von Assange gegangen, sondern darum, ihn dafür zu bestrafen, dass er „schwerwiegendes staatliches Fehlverhalten aufgedeckt“ habe. Melzer forderte die britische Regierung schon damals auf, Julian Assange unverzüglich freizulassen, damit er wieder gesunden könne.

Am 28. Januar 2020 hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarates die Resolution 2317 (2020) zum Thema „Bedrohungen der Pressefreiheit und der Sicherheit von Journalisten in Europa“ verabschiedet und darin, sich Melzers Forderung anschließend, ebenfalls die Freilassung von Julian Assange gefordert. Konkret heißt es in der Resolution:

„Die Versammlung fordert die Mitgliedstaaten auf, eine günstige und förderliche Umgebung für die Medien zu schaffen und zu diesem Zweck ihre Gesetzgebung zu überprüfen und zu versuchen, jeglichen Missbrauch verschiedener Gesetze oder Bestimmungen zu verhindern, die sich auf die Pressefreiheit auswirken können – wie etwa die Gesetze über Verleumdung, Terrorismusbekämpfung, nationale Sicherheit, öffentliche Ordnung, Hassreden, Blasphemie oder das Gedenken an die Vergangenheit -, die zu oft angewendet werden, um Journalisten einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. In diesem Zusammenhang müssen sie vor allem
[…]
das Recht von Journalisten auf den Schutz ihrer Quellen anerkennen und die Achtung desselben gewährleisten und einen angemessenen normativen, justiziellen und institutionellen Rahmen zum Schutz von Whistleblowern und Unterstützern von Whistleblowern entwickeln, in Übereinstimmung mit der Resolution 2300 (2019) der Versammlung ‚Verbesserung des Schutzes von Whistleblowern in ganz Europa‘; in dieser Hinsicht beachten, dass die Inhaftierung und strafrechtliche Verfolgung von Julian Assange einen gefährlichen Präzedenzfall für Journalisten darstellt, und sich der Empfehlung des UN-Sonderberichterstatters für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe anschließen, der am 1. November 2019 erklärt hat, dass die Auslieferung von Herrn Assange an die Vereinigten Staaten ausgeschlossen und er unverzüglich freigelassen werden muss;“

Menschenrechte