Stammt das neuartige Coronavirus von streunenden Hunden?

Ein Arzt untersucht eine Biopsie mit einem Mikroskop.
Mikroskop
[Fotograf: Vera Stark (geb. Katscherowski), Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de, Kolorierung: Robert Züblin]
Robert Züblin | 16.04.2020 | 17:39 Uhr

Ein Wissenschaftler hält es nach einem Abgleich des genetischen Materials von SARS-CoV-2 für möglich, dass der Hund der Zwischenwirt beim neuartigen Coronavirus ist.

Übertragung vom Hund auf den Menschen

Der Wissenschaftler Prof. Dr. Xuhua Xia stellt die Hypothese auf, der Vorgänger des neuartigen Coronavirus sei in Hunden soweit mutiert, dass er zu einem schwerwiegenden Erreger für das menschliche Immunsystem wurde. Dies könnte bedeuten, dass ein Vorgänger des SARS-CoV-2 von Fledermäusen zunächst auf Hunde übertragen wurde und erst von diesen auf den Menschen.

„Unsere Beobachtungen haben es ermöglicht, eine neue Hypothese für den Ursprung und die erste Übertragung von SARS-CoV-2 aufzustellen“, sagt Professor Dr. Xuhua Xia, der seine Erkenntnisse in einem Manuskript beschreibt, das von der Fachzeitschrift „Molecular Biology and Evolution“ akzeptiert wurde.

„Der Vorfahre von SARS-CoV-2 und sein nächster Verwandter, ein Fledermaus-Coronavirus, infizierte den Darm von Hunden, was höchstwahrscheinlich zu einer raschen Entwicklung des Virus bei Hunden und sein Überspringen auf den Menschen führte. Dies deutet darauf hin, wie wichtig die Überwachung von SARS-ähnlichen Coronaviren bei verwilderten Hunden im Kampf gegen SARS-CoV-2 ist“, sagt Xia.

Virus für Immunsystem schwer zu finden

In einer Pressemitteilung zur Studie wird der Mechanismus beschrieben, der hinter dem Gedankengang von Xia liege.

Demnach würden Menschen und Säugetiere über ein antivirales Wächter-Protein (Zinc finger Antiviral Protein, kurz: ZAP) zur Bekämpfung von Viren verfügen. Um diese zu finden, dienten dem Immunsystem sogenannte CpG-Dinukleotide zur Orientierung. ZAPs würden zum Beispiel in der Lunge patrouillieren. Um nicht von den ZAPs entdeckt zu werden, profitierten einzelsträngige Coronaviren, wie zum Beispiel SARS-CoV, von der Reduzierung der CpG-Wegweiser.

Xia gehe davon aus, dass diese CpG-Wegweiser bei einem Vorgänger von SARS-CoV-2 im Darm von Hunden durch einen Selektionsprozess reduziert worden seien, wodurch das Virus eine Tarnung erhalten habe, die es für den Menschen gefährlich mache.

Aber wie kommt Xia ausgerechnet auf Hunde als Zwischenwirt? Der Wissenschaftler habe die CpG-Signaturen in Coronaviren untersucht. Zunächst habe er festgestellt, dass SARS-CoV-2 unter allen Betacoronavirus-Genomen, die bekannt seien, den größten Mangel an CpG aufweise. Beim Vergleich des CpG-Mangels in viralen Genomen hat Xia dann entdeckt, dass ein Hunde-Coronavirus, ein Alphacoronavirus, den größten Mangel an CpG hätte. Daraus schließt Xia, dass das Gewebe beim Hund, das mit dem Coronavirus infiziert sei, eine Umgebung darstelle, die förderlich für eine Selektion gegen CpG sei.

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