»Sicherheitsprüfung bei Chemikalien in Kunststoffen unvollständig

Labor einer Forschungsstelle für Komplexchemie.
Labor
[Foto: Wittig; Hans-Günter Quaschinsky, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de]

 

Robert Züblin – 19.09.2019, 11:54 Uhr

Wissenschaftler haben die Toxizität und Zusammensetzung von Kunststoffen untersucht, die auch für Alltagsgegenstände verwendet werden – über 1100 enthaltene Substanzen blieben unerkannt.

»Nicht zur Offenlegung verpflichtet

Bekannt seien 4000 Chemikalien, die in Kunststoff-Verpackungen für Lebensmittel verwendet würden, heißt es in einer Pressemitteilung der Norwegian University of Science and Technology. Da aber mehr als 5000 verschiedene Kunststoffarten auf dem Markt seien, müsse man davon ausgehen, dass die Anzahl der in ihnen enthaltenen Chemikalien noch größer sei.

„Das Problem ist, dass Kunststoffe aus einem komplexen chemischen Cocktail bestehen, so dass wir oft nicht genau wissen, welche Stoffe in den von uns verwendeten Produkten enthalten sind. Bei den meisten der Tausenden von Chemikalien haben wir keine Möglichkeit zu sagen, ob sie sicher sind oder nicht“, sagt Martin Wagner, Biologe an der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) und Mitautor der Studie, die in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ veröffentlicht wurde.

Der Grund für die Wissenslücken sei, dass eine Identifizierung aller in einem Kunststoff enthaltenen Verbindungen praktisch unmöglich sei. Außerdem seien die Hersteller nicht verpflichtet, offenzulegen, welche Substanzen ihre Kunststoff-Produkte enthalten; wenn sie diese überhaupt kennen.

»Giftige Stoffe in drei von vier Produkten

Zur Untersuchung der Auswirkungen, die die Chemikalien in den Kunststoffen haben, verwendeten die Forscher Zellkulturen. Dabei hätten sie herausgefunden, dass die meisten Plastik-Proben negative Eigenschaften aufwiesen, darunter 62 Prozent, die eine allgemeine Toxizität gezeigt hätten, 41 Prozent, die oxidativen Stress verursacht hätten und 32 Prozent, die zellschädigend wirkten.

„Wir untersuchten acht Arten von Kunststoffen, die häufig für die Herstellung von Alltagsprodukten verwendet werden, wie Joghurtbecher und Badeschwämme, und untersuchten ihre Toxizität und chemische Zusammensetzung. Drei von vier Produkten enthielten giftige Chemikalien“, sagt Lisa Zimmermann, eine Mitautorin der Studie.

Insgesamt hätten die Forscher mehr als 1400 Substanzen in den Kunststoffen entdeckt. Sie hätten aber nur 260 davon identifizieren können. Das Problem: Die meisten Chemikalien in diesen Kunststoffen würden also unbekannt bleiben, was eine Prüfung, ob diese Kunststoffe sicher seien, unmöglich machen würde.

Auch Biokunststoffe betroffen

Die Wissenschaftler seien in ihrer Studie zu dem Schluss gekommen, dass die Chemikalien, die die Kunststoffe Polyvinylchlorid (PVC) und Polyurethan (PUR) enthielten, am giftigsten seien. Verglichen mit PVC und PUR seien die Kunststoffe Polyethylenterephthalat (PET) und Polyethylen mit einer hohen Dichte (HDPE) weniger toxisch.

Auch der Biokunststoff Polymilchsäure (PLA) wurde von den Forschern untersucht. „Bezüglich der Toxizität“, sagt Wagner, „ist es das gleiche Problem. Wir sind auch im Unklaren, welche Chemikalien in den Biokunststoffen verwendet werden.“

Die gute Nachricht ist: Es gibt auch Produkte, bei denen keine Toxizität festgestellt worden sei. „Wir haben vier verschiedene Joghurtbecher untersucht und bei zwei von ihnen Toxizität festgestellt, bei den anderen beiden nicht“, sagt Zimmermann.

Die schlechte Nachricht ist: Für den Verbraucher ist es fast unmöglich herauszufinden, ob ein Kunststoff giftige Stoffe enthält.

Dennoch gibt es ein paar Punkte, die man nach Meinung der Forscher beachten könne:

  • Man sollte so wenig Kunststoffe wie möglich kaufen und lieber auf unverpackte Produkte ausweichen.
  • Man sollte PVC-Produkte mit dem Recycling-Code 3 meiden. Auch Produkte, die aus „anderen Kunststoffarten“ bestehen und daher mit der Recycling-Code-Nummer 7 gekennzeichnet seien, sollten gemieden werde. Hier sei nicht klar, aus welchem Material diese Kunststoffe produziert worden seien.

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