Placebo wirkt auch, wenn man weiß, dass es ein Placebo ist

Eine Mitarbeiterin benutzt in einem Rezepturraum einer Apotheke eine Präzisionswaage.
Rezepturraum in einer Apotheke
[Fotograf: Wittig; Wloska, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de, Kolorierung: Robert Züblin]
Robert Züblin | 07.08.2020 | 16:09 Uhr

Ein Placebo, bei dem die Versuchsteilnehmer wussten, dass es sich um ein Placebo handelte, hat einen echten psychobiologischen Effekt gezeigt, so das Ergebnis einer Studie.

„Geist über Materie“

Am Anfang ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht wurde, schreiben die Forscher, mehrere Studien würden darauf hindeuten, dass Placebos, bei deren Einnahme die jeweiligen Personen über die Placebo-Eigenschaft Bescheid wüssten, dabei helfen könnten, eine Vielzahl hochgradig belastende klinische Störungen und nichtklinische Beeinträchtigungen zu bewältigen.

In ihrer Studie haben die Forscher nun untersucht, ob man nach der Einnahme solcher nichttäuschenden Placebos echte psychobiologische Effekte erkennen kann.

„Bei Placebos dreht sich alles um ‚Geist über Materie'“, sagt Jason Moser, einer der Studienautoren. „Nichttäuschende Placebos wurden entwickelt, damit man sie möglicherweise in der routinemäßigen Praxis verwenden kann. Anstatt also eine Vielzahl von Medikamenten zu verschreiben, um einem Patienten zu helfen, könnten Sie ihm ein Placebo geben und ihm sagen, dass es ihm helfen kann, und die Chancen stehen gut, dass es helfen wird, wenn er glaubt, dass es helfen kann.“

Placebo mit psychobiologischen Effekten

Die Forscher haben zwei Experimente durchgeführt. Als Placebo wurde ein Nasenspray verwendet, das aus einer Kochsalzlösung bestand. Den Versuchsteilnehmern in der Gruppe, die darüber informiert gewesen seien, dass es sich um ein Placebo gehandelt habe, sei gesagt worden, das Spray würde dabei helfen, negative emotionale Reaktionen zu reduzieren, die im Zusammenhang mit dem Anschauen beunruhigender Bilder stünden. Außerdem sei diesen Versuchsteilnehmern gesagt worden, dass sie an die Reduzierung emotionaler Reaktionen infolge der Nasenspray-Nutzung glauben müssten, damit diese funktioniere.

„Stellen Sie sich vor: Was wäre, wenn jemand zweimal täglich eine nebenwirkungsfreie Zuckerpille einnehmen würde, nachdem er ein kurzes, überzeugendes Video über die Wirkung von Placebos angesehen hat, und dadurch weniger Stress hätte“, sagt Darwin Guevarra, einer der Studienautoren.

In dem ersten Experiment hätte sich gezeigt, dass das nichttäuschende Placebo den von den Teilnehmern selbst berichteten emotionalen Stress reduziert habe. Im zweiten Experiment hätte sich gezeigt, dass durch das nichttäuschende Placebo ein neuronaler Biomarker für emotionale Belastung signifikant reduziert worden sei.

„Diese Ergebnisse liefern erste Anhaltspunkte dafür, dass nichttäuschende Placebos nicht nur ein Produkt der Antwortverzerrung sind – dem Experimentator zu sagen, was er hören will -, sondern echte psychobiologische Effekte zeigen“, sagt Ethan Kross, ein weiterer Studienautor.

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