Offenheit ist Grundlage für die Demokratie und nicht deren Folge

Der mit Abgeordneten gefüllte Plenarsaal im Bundestag.
Plenarsaal im Bundestag in Bonn im Jahr 1954
[Fotograf: Brodde, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de, Kolorierung: Robert Züblin]
Robert Züblin – 02.12.2019, 23:59 Uhr

Die Ergebnisse einer Studie deuten darauf hin, dass Offenheit gegenüber Vielfalt die Grundlage für eine Demokratie ist und ein mangelndes Vertrauen in die Institutionen eine Demokratie gefährden kann.

In Demokratien ändern sich deren Werte kaum

Die Wissenschaftler der Demokratiestudie, die in der Fachzeitschrift „Nature Human Behaviour“ veröffentlicht wurde, haben Informationen von fast 500.000 Individuen analysiert, die aus 109 Nationen stammen, um den Zusammenhang von demokratischen Werten wie Offenheit oder Toleranz und Demokratien zu verstehen.

„Es wird oft als selbstverständlich angesehen, dass die demokratische Kultur einfach folgen wird, sobald demokratische Institutionen aufgebaut sind“, sagt Damian Ruck, einer der Studienautoren. „Aber wenn wir uns die Daten anschauen, erkennen wir Demokratie-Kultur-Werte wie Offenheit und Toleranz, die sowohl der wirtschaftlichen Entwicklung als auch der Demokratisierung vorausgehen.“

Beim Vorhandensein von demokratischen Institutionen hätten kaum Veränderungen in Bezug auf die in der Studie gemessenen kulturellen Werte prognostiziert werden können.

„Dies deutet darauf hin, dass die derzeitigen stabilen Demokratien gefährdet sein werden, wenn die kulturellen Werte der Offenheit für Vielfalt und des institutionellen Vertrauens erheblich schwinden“, schreiben die Forscher.

Aus Demokratien können Autokratien werden

Wichtig für das Fortbestehen einer Demokratie ist laut den Studienautoren also auch ein gewisses Maß an Vertrauen in die Institutionen.

„Im 20. Jahrhundert haben wir uns daran gewöhnt, dass Autokratien, die geringes Vertrauen genießen, zu Demokratien werden“, sagt Ruck. „Aber unsere Analyse zeigt, dass dies auch umgekehrt funktioniert: Demokratien, in die geringes Vertrauen gesetzt wird, können sich in Richtung Autokratie wandeln.“

Trotz des wachsenden Nationalismus in verschiedenen Ländern und eines Vertrauensverlustes in Bezug auf die Institutionen hätten die Forscher festgestellt, dass es einen globalen Trend zu Offenheit und Toleranz gebe, wie es in einer Pressemitteilung zur Studie heißt.

„Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurde die Welt wesentlich vernetzter“, sagt Ruck. „Immer mehr von uns begegnen Menschen mit anderem Hintergrund und Lebensstil, was Offenheit und Toleranz fördert. Das ist eine gute Nachricht für die Zukunft der liberalen Demokratie.“

Menschenrechte