Robert Züblin | 08.08.2021 | 23:59 Uhr |
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass der Lebensmittelzusatzstoff E410 teilweise mit Ethylenoxid verunreinigt ist, das laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) krebserzeugend und erbgutverändernd ist. In Deutschland will Mars seine mit Ethylenoxid kontaminierten Eis-Produkte aber trotzdem nicht vom Markt nehmen.
Foodwatch wollte Erklärung von Mars
In Österreich, Rumänien und Schweden hat Mars eigene Eis-Produkte, die mit Ethylenoxid verunreinigt sind, anders als in Deutschland zurückgerufen.
„Krebserregende Stoffe haben in unserem Essen nichts verloren. Es ist inakzeptabel, dass Mars die Menschen in anderen Ländern besser schützt als in Deutschland. Mars schuldet der Öffentlichkeit eine Erklärung, weshalb die Produkte in Deutschland nicht schon längst zurückgerufen wurden“, sagt Oliver Huizinga, Kampagnendirektor bei foodwatch.
Daraufhin hat Mars eine Stellungnahme veröffentlicht:
„Zum Hergang: Wir wurden von einem Lieferanten über Spuren von Ethylenoxid (ETO) in einer Produktzutat informiert, die dieser an unsere Eiscremefabrik in Frankreich liefert. Die in der Zutat enthaltene Menge an ETO ist geringfügig höher als nach EU-Recht für diese Zutat zulässig.
Die Produkte sind sicher für den Verzehr: Wir verwenden nur eine geringe Menge dieser Zutat in unseren Eiscreme-Rezepturen. Daher ist der Gehalt an ETO in den fertigen Eiscreme-Produkten minimal und liegt weit unter den gesetzlichen EU-Grenzwerten für diese Zutat.
Wir haben eine umfassende Untersuchung durchgeführt, die lokalen Behörden informiert und schlussendlich für Deutschland entschieden, die Produkte nicht aus dem Verkauf zu nehmen, da der Verzehr der betroffenen Eiscreme-Produkte nicht schädlich ist.
Der Vorfall betrifft in Europa auch andere Verwender von betroffenen Zutaten. Derzeit gibt es innerhalb der Länder der EU keine einheitliche Vorgehensweise und die Bewertungen der zuständigen Behörden fallen je Mitgliedsstaat unterschiedlich aus. Maßgeblich ist für uns schlussendlich die Bewertung der in Deutschland zuständigen Behörden der Bundesländer, die noch nicht vorliegt.“
Null-Toleranz auf EU-Ebene
Im Rahmen der Treffen der Koordinatoren für Nahrungs- und Futtermittelkrisen auf EU-Ebene, die im Juni und Juli 2021 stattgefunden haben, sei von den Mitgliedstaaten ein Null-Toleranz-Ansatz in Bezug auf Ethylenoxid in E410 verfolgt worden und von Firmen, die Produkte mit belastetem E410 in den Verkehr bringen, verlangt worden, dass sie diese Produkte zurückrufen.
Konkret heißt es in einem Protokoll zu den Treffen der Koordinatoren für Nahrungs- und Futtermittelkrisen:
„Die Mitgliedstaaten kamen zu dem Schluss, dass gemäß den gesetzlichen Bestimmungen im GFL [General Food Law = Allgemeines Lebensmittelrecht]:
– für Erzeugnisse, die den Zusatzstoff E410 enthalten, der bekanntermaßen mit Ethylenoxid kontaminiert ist (*), kann kein sicheres Expositionsniveau für Verbraucher festgelegt werden, so dass jedes Niveau, dem Verbraucher ausgesetzt sein können, ein potenzielles Risiko für die Verbraucher darstellt;
– daher ist es zur Gewährleistung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus erforderlich, dass die Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer, die solche Erzeugnisse in der EU in Verkehr gebracht haben, diese Erzeugnisse unter der Aufsicht der zuständigen nationalen Behörden vom EU-Markt nehmen und von den Verbrauchern zurückrufen.
(*) d.h. der Zusatzstoff, der einen Ethylenoxid-Gehalt oberhalb der LOQ (0,1mg/kg) [LOQ = Limit of Quantification, auf Deutsch: Bestimmungsgrenze] enthält, unter Anwendung der Rückstandsdefinition der Verordnung 396/2005.“
Die Verbraucherorganisation foodwatch sagt zur Stellungnahme von Mars vor diesem Hintergrund unter Bezugnahme auf die Schlussfolgerung der EU-Mitgliedstaaten bezüglich Ethylenoxid in E410: „Anders als vom Süßwarenkonzern behauptet, könne es bei Ethylenoxid keine sichere Aufnahmemenge geben.“