Robert Züblin | 03.04.2022 | 13:23 Uhr |
Wissenschaftler haben eine neue Methode entwickelt, mit der man Kreativität lernen kann, wie man sie von Kindern und Künstlern her kennt.
Divergentes Denken enttäuscht
Die Forscher der neuen Kreativitätsmethode schildern in ihrem Artikel, der in der Fachzeitschrift „Annals of the New York Academy of Sciences“ veröffentlicht wurde, dass bislang das divergente Denken zur Grundlage von Kreativitätstrainings gemacht wurde, dieser Ansatz jedoch nicht den kreativen Prozessen entsprechen würde, die man bei Kindern beobachten könne. Ebensowenig könne man das divergente Denken bei den meisten Kreativen im Erwachsenenalter beobachten. Außerdem würde die Methode des divergenten Denkens nicht zu denjenigen nachgelagerten Ergebnissen führen, die man für die Kreativproduktion erwartet hätte.
Unter divergentem Denken versteht man die Auseinandersetzung mit einem Thema, indem man offen an dieses herangeht und sich damit unsystematisch sowie experimentierfreudig beschäftigt. Den Gegensatz dazu bildet das konvergente Denken, bei dem man ein Thema linear und rational-logisch behandelt.
Das Problem am divergenten Ansatz sei, dass es ein computergestützter Ansatz sei, der auf rechnerischen Informationen über Probleme und Erfolge aus der Vergangenheit beruhe.
„Er kann nicht dazu beitragen, die Menschen auf neue Herausforderungen vorzubereiten, über die wir heute nur wenig wissen. Er kann keine wirklich originellen Maßnahmen vorschlagen“, sagt Angus Fletcher, einer der Autoren des Kreativitäts-Artikels. „Aber die narrative Maschinerie des menschlichen Gehirns kann das.“
Was fördert Kreativität?
Die neue Methode zum Erlernen von Kreativität, wie sie von den Wissenschaftlern in ihrem Artikel beschrieben wird, basiert auf der Erzähltheorie. Die bei der neuen Kreativ-Methode ablaufenden neuronalen Prozesse würden sich von denjenigen, die man vom divergenten Denken her kenne, unterscheiden. Mit der neuen Methode könnten Menschen so kreativ wie Kinder und Künstler sein. Dazu müssten sie sich Geschichten ausdenken, die in alternativen Welten spielen würden. Sie müssten die Perspektive wechseln und für unerwartete Handlungen sorgen.
Die Forscher erklären auch, dass mit ihrer Theorie Lücken geschlossen werden könnten, die bei der bisherigen Kreativitätsforschung bestehen würden, etwa wenn es um die Kreativitätsmechanismen bei Kindern geht oder das Misslingen, menschliche Kreativität mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz nachzubilden.
„Wir als Gesellschaft unterschätzen die Kreativität von Kindern und vielen anderen radikal, weil wir von der Vorstellung besessen sind, dass einige Menschen kreativer sind als andere“, sagt Angus Fletcher. „Die Realität ist jedoch, dass wir Kreativität nicht richtig trainieren.“