Hydroxylradikal-Luftreiniger: Hydroxylradikale Luftreinigung schädlich?

Blick auf die Erdatmosphäre.
In der Erdatmosphäre befinden sich auch Hydroxylradikale
[Foto: NASA]
Robert Züblin | 25.07.2021 | 20:02 Uhr

Wissenschaftler befürchten, dass bei der hydroxylradikalen Luftreinigung durch einen sogenannten Hydroxylradikal-Generator beziehungsweise einen Hydroxylradikal-Luftreiniger gesundheitsschädliche Stoffe entstehen.

Hydroxylradikal-Generator gegen Corona

Elektronische Luftreiniger, die Hydroxylradikale (kurz: OH-Radikale) erzeugen, werden unter anderem in Schulen zur Desinfektion gegen Coronaviren eingesetzt, sollen aber auch zur Inaktivierung von Bakterien geeignet sein sowie in der Lage, Gerüche – etwa nach Zigarettenrauch – zu entfernen und Allergene sowie Schimmelsporen inaktiveren können.

In der Lufthülle der Erde – genauer gesagt in der Troposphäre – kommt dem Hydroxyl-Radikal die Funktion eines „Waschmittels der Atmosphäre“zu, teilweise auch als „chemisches Waschmittel“ und „Staubsauger“ bezeichnet. Hydroxyl-Radikale sind sehr reaktionsfreudig und verwandeln bestimmte Schadstoffe – etwa Stickoxyde, Kohlenmonoxyd und Kohlenwasserstoffe – in harmlosere Stoffe.

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Gesundheitsschädliche Nebenprodukte?

Aber sind Hydroxyl-Luftreiniger für die menschliche Gesundheit gefährlich? Wissenschaftler haben nun in einer Studie, die zunächst auf der Medizin-Archiv-Webseite „medRxiv“ veröffentlicht wurde und jetzt in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology Letters“, die Wirkung eines elektronischen Luftreinigers in Form eines Hydroxylradikalgenerators untersucht, der in einer Büroumgebung aufgestellt wurde, um herauszufinden, ob diese Geräte schädlich sind.

Das Ergebnis: Es wurden erhöhte Werte von sauerstoffhaltigen flüchtigen organischen Verbindungen (OVOCs, kurz für „oxygenated volatile organic compounds“) gemessen, wobei darunter insbesondere niedermolekulare organische Säuren entdeckt worden seien. Außerdem gehen die Wissenschaftler davon aus, dass es zur Bildung von hoch oxidiertem sekundärem organischem Aerosol (SOA, kurz für „secondary organic aerosol“) gekommen sei.

Ferner seien die Werte für Nitrat, Sulfat und Chlorid während der Oxidation angestiegen; ein entsprechender Anstieg von Ammonium sei hingegen nicht beobachtet worden. Dies sei ein Zeichen dafür, dass organisches Nitrat, organisches Sulfat und organisches Chlorid entstehe.

Die Studienautoren weisen darauf hin, dass man sekundären VOC-Oxidationsprodukten gesundheitsschädliche Wirkungen nachsage. SOA soll für die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS, kurz für: reactive oxygen species, auch als Sauerstoffradikale bekannt) in Zellen verantwortlich sein. Außerdem soll SOA die Produktion von Entzündungszytokinen und die oxidative Modifikation von RNA hervorrufen.

„Es gibt zunehmend Bedenken hinsichtlich der Verwendung von elektronischen Luftreinigern, da diese Geräte potenziell unbeabsichtigte Nebenprodukte durch eine ähnliche Oxidationschemie wie in der Atmosphäre erzeugen können“, sagt Nga Lee „Sally“ Ng, eine der Studienautorinnen, und warnt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass man bei der Auswahl einer adäquaten und geeigneten Luftreinigungstechnologie für eine bestimmte Umgebung und Aufgabe vorsichtig sein muss.“

Kaum Regulierung und keine Teststandards

„Es müssen mehr Studien über die Auswirkungen dieser Geräte in einer Vielzahl von Umgebungen durchgeführt werden“, sagt Ng und ergänzt: „Es muss mehr von Experten begutachtete wissenschaftliche Daten über elektronische Luftreiniger geben.“

Es sollten also nicht nur Studien durchgeführt werden, die die Inaktivierung von Bioaerosolen oder die Reduktion bestimmter VOCs untersuchen, sondern es müsste auch eine Bewertung in Bezug auf die potenzielle Bildung von OVOC und SOA durch elektronische Luftreiniger erfolgen, und zwar in unterschiedlichen Innenraumumgebungen.

„Elektronische Luftreiniger haben wegen der Pandemie stark an Bedeutung gewonnen, und jetzt gibt es eine Menge dieser Geräte da draußen. Unternehmen und Schulen geben Millionen von Dollar für diese Geräte aus. Der Markt ist riesig“, sagt Ng. „Wir hoffen, dass zusätzliche Studien zu mehr staatlichen Richtlinien und Regulierungen führen werden.“

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