Bisphenol A: Falsche Risikobewertung aufgrund fehlerhafter Analyse?

Labor einer Forschungsstelle für Komplexchemie.
Analyse im Labor
[Foto: Wittig; Hans-Günter Quaschinsky, Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de]
Robert Züblin – 15.12.2019, 23:38 Uhr

Forscher kommen in Bezug auf die Risikobewertung von Bisphenol A (BPA) zu dem Schluss, dass die bisherigen indirekten Analysemethoden zur Messung der BPA-Werte im Menschen fehlerhaft sind.

Bisphenol A hat Wirkung wie Hormone

Der Chemikalie Bisphenol A werden fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften zugeschrieben. BPA soll eine hormonähnliche Wirkung haben. Man spricht hier auch von endokrinen Disruptoren oder Umwelthormonen. Diese könnten das Hormonsystem im Menschen verändern, wie das Umweltbundesamt schreibt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) spricht von „humanrelevanten hormonell schädigenden Eigenschaften“ in Bezug auf Bisphenol A.

BPA findet sich unter anderem in Kassenbons, die aus Thermopapier bestehen, in Plastikschüsseln oder CDs sowie DVDs. Teilweise werde sogar für das Herstellen der Innenbeschichtungen von Konserven- oder Getränkedosen Bisphenol A eingesetzt.

Zwar sagt das BfR, dass bisher keine gesundheitsschädlichen Wirkungen von Bisphenol A nachgewiesen worden seien. Trotzdem gebe es aber Grenzwerte in Deutschland und der EU, wonach täglich 10 Mikrogramm (µg) Bisphenol A pro Kilogramm Körpergewicht ein Leben lang aufgenommen werden könnten, ohne einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt zu sein, wie das BfR schreibt.

 
 

Bisphenol-A-Gesundheitsrisiken unterschätzt?

Unter anderem die US-amerikanische Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, kurz: FDA) habe ihre bisherige Risikoeinschätzung in Bezug auf BPA anhand von Daten vorgenommen, die auf indirekten Analysemethoden beruhen würden.

Wissenschaftler haben nun direkte Analysemethoden angewendet, um die Menge des BPAs festzustellen, die in den menschlichen Körper gelangt. Mit den direkten Messungen seien in den konkreten Versuchsszenarien 19-mal höhere Bisphenol-A-Konzentrationen im Menschen festgestellt worden. Die Forscher folgern daraus, dass die Belastung durch Bisphenol A weitaus höher sei, als dies bisher angenommen worden sei.

„Da vernachlässigbare Belastungswerte ein Eckpfeiler regulatorischer Entscheidungen waren, einschließlich der Schlussfolgerung der FDA, dass BPA ein geringes Gesundheitsrisiko darstellt, geben die vorliegenden Daten Anlass zu dringender Besorgnis, dass auch die Risiken für die menschliche Gesundheit dramatisch unterschätzt wurden“, heißt es in dem Artikel der Wissenschaftler, der in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde.

Neuer Ansatz auch bei anderen Chemikalien

Direkte Messmethoden könne man aber nicht nur zur Feststellung der Belastung durch Bisphenol A nutzen.

„Derzeit basieren die Messungen einer Vielzahl von Chemikalien, einschließlich Ersatzbisphenole, andere Umweltphenole (z.B. Parabene, Benzophenon, Triclosan) und Phthalatmetaboliten, auf indirekten Methoden. Somit könnte sich das hier aufgezeigte Problem in Bezug auf BPA auch auf andere Umweltschadstoffe erstrecken“, schreiben die Forscher.

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