Allergie: Nicht immer steckt Histamin hinter allergischen Reaktionen

Ein Arzt untersucht eine Biopsie mit einem Mikroskop.
Allergien auch ohne Histamin-Beteiligung denkbar
[Fotograf: Vera Stark (geb. Katscherowski), Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de, Kolorierung: Robert Züblin]
Robert Züblin | 19.01.2021 | 10:56 Uhr

Forscher haben entdeckt, dass allergische Reaktionen nicht nur über die Mastzell-Histamin-Achse erfolgen, sondern es bei Allergien auch über eine sogenannte Basophilen-Leukotrien-Achse zu einem Juckreiz kommt.

Akute Juckreiz-Schübe unerklärt

Wissenschaftler haben sich die Mechanismen genauer angesehen, die den chronischen Entzündungen bei der atopischen Dermatitis (AD) zu Grunde liegen; insbesondere ging es um die Aufklärung, wie es zu den bei dieser Erkrankung häufig auftretenden Juckreiz-Schüben kommt.

In ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht wurde, erklären die Wissenschaftler, dass Juckreiz grundsätzlich eine Empfindung sei, die evolutionär erhalten blieb, um Krankheitserreger und schädigende Reize zu vertreiben. Allerdings könne der Juckreiz wie bei der atopischen Dermatitis (AD) auch chronisch werden und hartnäckig sowie schwächend sein. AD-Patienten würden auch häufig Juckreiz-Schübe erleben.

Zwar hätten jüngste Entdeckungen zu einer Entschlüsselung der neuroimmunen Schaltkreise des Juckreizes geführt. Dadurch hätten Anti-Juck-Behandlungen entwickelt werden können. Welche Mechanismen aber genau den akuten Juckreiz-Schüben zu Grunde liegen würden, sei bislang nicht verstanden worden.

Antihistaminika helfen nicht

Die Forscher hätten herausgefunden, dass bei einem großen Teil der AD-Patienten Allergen-spezifisches Immunglobulin E (IgE) vorhanden war. Auch sei eine Neigung zu akuten Juckreiz-Schüben gegeben gewesen. Standardmäßig würde der Allergen-verursachte Juckreiz über die Mastzell-Histamin-Achse erfolgen. Im Mausversuch hätte sich aber gezeigt, dass eine sogenannte Basophilen-Leukotrien (LT)-Achse für akute Juckreiz-Ausbrüche verantwortlich sei. Denn das IgE in den Mäusen, die ein Ekzem aufwiesen, hätte eine Art von weißen Blutkörperchen aktiviert, sogenannte Basophile. Diese Basophilen-Leukotrien (LT)-Achse sei bislang unerkannt geblieben.

Insbesondere würden hier Umweltallergene für die Aktivierung von Immunglobulin E (IgE) verantwortlich sein. „Umweltallergene fördern tatsächlich diese Art von Juckreiz“, sagt Brian S. Kim, einer der Studienautoren. „Sagen wir, ein Patient mit einem Ekzem geht zu seiner Großmutter, wo es eine Katze gibt, und der Juckreiz dieser Person spielt einfach verrückt. Dann ist es wahrscheinlich, dass die Katzenhaare IgE aktivieren, und IgE den Juckreiz aktiviert.“

Der neu entdeckte Mechanismus, bei der die allergische Reaktion ohne Histamin-Beteiligung ausgelöst wird, erklärt, warum Antihistaminika oft nicht gegen starken Juckreiz helfen.

Auch Lösung für Asthma und Heuschnupfen?

Die Forscher vermuten, dass ein basophil-neuronaler Schaltkreis die Grundlage für viele Neuroimmunprozesse liefert.

„Vor Jahren dachten wir, dass Juckreiz und Schmerz über die gleichen Nervenbahnen zum Gehirn geleitet werden, aber es stellte sich heraus, dass dies nicht der Fall ist. Diese neuen Erkenntnisse zeigen, dass es einen ganz anderen Weg gibt, der diese Schübe von akutem Juckreiz bei Ekzempatienten verursacht“, sagt Kim. „Der Juckreiz kann sehr quälend sein. Die Patienten bewerten ihren chronischen Juckreiz auf einer Skala von 10 mit etwa 5, aber während der akuten Juckreiz-Schübe steigt er auf 10 an. Jetzt, da wir wissen, dass diese akuten Schübe auf eine ganz andere Art und Weise ablaufen, können wir auf diesen Weg abzielen, und vielleicht können wir diesen Patienten helfen.“

Außerdem verbreitet Kim auch Hoffnung für andere Patientengruppen: „Bei Patienten, die Episoden von akutem Juckreiz erleben, reagiert deren Körper auf die gleiche Weise wie bei Menschen mit akuter Allergie. Wenn wir diesen Signalweg mit Medikamenten blockieren können, könnte dies eine Strategie sein, um nicht nur Juckreiz, sondern auch andere Probleme zu behandeln, darunter vielleicht Heuschnupfen und Asthma.“

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